Ich weise jetzt mal den Autor eines Artikels öffentlich darauf hin, dass ich in seinem Beitrag Tippfehler gefunden habe. (aus dem Leben eines Trolls)
Was passiert, wenn Autoren online Texte (egal welcher Art) veröffentlichen und diese fehlerhaft sind? Ignoriert man das? Weist man in einer privaten E-Mail darauf hin oder widmet man dem Autor anonym, von zu Hause aus und fernab einer verbalen Keule einen Kommentar, in dem man öffentlich auf die Fehler verweist?
In einigen Foren scheint sich besonders letzteres eingebürgert zu haben. Dabei ist auffällig, wie viele Rechtschreibwächter nicht darauf eingehen, welcher Form der Fehler ist: Tippfehler, Orthografiefehler, Grammatikfehler usw. Es geht einfach nur darum, der gesamten Leserschaft mitzuteilen, dass der Autor eine Niete ist. Leider hilft das niemandem.
Diese Form moderner (digitaler) Klugscheißerei nervt nicht einfach nur. Sie ist zudem auf sehr sandigem Boden gebaut, da sie ohne Prüfung des Sachverhaltes erfolgt. Es scheint, als gehe es nur darum, jemandem eins auszuwischen. Das Blöde daran: Andere Leser orientieren sich an solchen Kommentaren und schlussfolgern auf die Qualität des Ausgangstextes.
Um das komplexe Konstrukt näher beleuchten zu können, betrachten wir zunächst den Charakter nörgelnder Kommentatoren, um zu verstehen, was das für Leute sind.
Charakteristik der Korrekturfetischisten
Eine Frage stellt sich: Wozu diese öffentlichen Hinweise? Hilfreich sind diese Kommentare nicht. Es ist reines Egostreicheln. Doch damit nicht genug: Laut eines Artikels von Julie E. Boland und Robin Queen, der sich auf eine Studie mit meiner persönlichen Anti-Gruppe bezieht, sind diese Orthografie-Wutbürger (oder auch “Ich bin ja kein Klugscheißer, aber…” – Sager) schlicht und ergreifend sozial nicht verträglich. Es ging in der Untersuchung darum herauszufinden, ob es Korrelationen zwischen Charakteristika und diesem überdurchschnittlich nervigen Verhalten auf sich hat.
Long story short: Ja.
Aus den Ergebnissen schlossen die Forscher folgende Zusammenhänge (in Bezug auf das Persönlichkeitsraster der ‘Big Five’):
- Je unverträglicher, desto höher die Intoleranz gegenüber Grammatikfehlern.
- Je gewissenhafter, desto empfindlicher die Reaktion auf Rechtschreibfehler.
- Mit zunehmender Intraversion steigt die Kritik gegenüber Tippfehlern.
Extrovertierten war es alles irgendwie egal. (Salopp gesagt.)
Unsere Profilierungsfreunde hingegen landen irgendwo dazwischen: Sie sind unverträglich genug, um sich aufzuregen und ausreichend extrovertiert, um es jedem mitzuteilen. Herzlichen Glückwunsch: Diese Leute sind bewiesener Maßen nervtötend.
Wie lösen wir das Problem?
Man kann diese Idiotie nur angreifen, indem man sich ihr in den Weg stellt. Ich schlage vor, dass gegen die Protagonisten dieses Artikels argumentativ vorgegangen wird. Man schlägt sie mit ihren eigenen Waffen. Das funktioniert besonders gut, wenn man ihnen nachweist, dass deren “Anzeige der Rechtschreibfehler” keiner vernünftigen Prüfung unterzogen wurde. Rechtschreib- und Tippfehler sollten nicht auf Basis des Ergebnisses (ein Wort ist falsch geschrieben) bewertet werden. Stattdessen sollte man anhand eindeutiger Merkmale definieren, um welche Fehlerart es sich handelt. Dieser Aspekt ist weiterführend wichtig, da viele Menschen von der Rechtschreibung eines „Autors“ auf dessen Kompetenz, Intelligenz, Charakter… „what ever“ schlussfolgern; ganz entsprechend der gesellschaftlichen Konvention. Das halte ich für kurzsichtig.
Zur Verbesserung der Gesamtsituation sei nun ein wenig Fehlerkunde betrieben.
Rechtschreibfehler
Rechtschreibfehler sind eindeutige Abweichungen von der Schreibkonvention des Wortes. Vornehmlich handelt es sich um (falsche) Ersetzungen von Buchstaben innerhalb eines Wortes.
Beispiele:
- Rechtschreibung – Rechtschreipung (nicht zu verwechseln mit dem Rechtschreib-Punk)
- korrigiert – korrigierd
- Nüsse – Nüße
Diese können aus einer Unzahl an Gründen entstehen: Unkenntnis, Legasthenie… Fakt ist nur, dass sie gegen die Schreibkonvention verstoßen und in manchen Fällen den Sinn des Wortes verändern. Daher ist es notwendig, die korrekte Schreibweise von Wörtern zu kennen und bestenfalls anzuwenden.
Tippfehler
Tippfehler entstehen 1. nur im Umgang mit digitalen Medien, 2. häufig durch Flüchtigkeit und sind 3. nicht(!) ausschlaggebend für das Verständnis/Unverständnis eines Wortes. Häufige Tippfehler sind Buchstabenauslassungen (ohne falsche Ersetzung) sowie Buchstabendreher (durch zu schnelles Tippen). Bei mobilen Endgeräten ist es ebenso möglich, dass ein Umlaut nicht richtig getippt.
Beispiele:
- nicht – nciht
- Respekt – Respek / Adjektiv – Ajektiv
- Möbel – Mobel
Grammatikfehler
In diversen Online-Foren liest man zuhauf Kommentare von Personen, die das eigene Selbstwertgefühl darüber polieren müssen, anderen „Grammatikfehler“ vorzuwerfen.
Grammatik ist kompliziert. (Deshalb gehen wir im Blog auch auf einige (wenige) Regeln ein und erklären sie, damit sie greifbar werden.) Wenn also mal wieder jemand die Grammatikkeule rausholt, sollte er/sie sich vergewissern, dass der zu kritisierende auch tatsächlich einen Grammatik(!)-Fehler begangen hat.
Das wären dann z.B. Fehler im/ in der
- Satzbau
- Formenlehre der Wörter
- Lautlehre
- Semantik (z. B. nutzt jemand die falschen Wörter, um einen Sachverhalt zu beschreiben)
- u. v. a.
Schreibt also jemand ein Wort falsch, hat das mit Grammatik erstmal gar nichts zu tun. Ist der Satzbau eines Autors grottig, ist das zwar ein grammatikalisches Problem, aber: Ist es auch relevant? Wird der Text dadurch völlig unbrauchbar? Gerade in Sachen Grammatik sollte man sich einer Sache klar sein: Sie ist wandelbar und vor allem auch stetig Wandel unterzogen. “Richtig” und “falsch” sind gerade hierbei nur sehr vage Begriffe. Allerdings folgt sie einer Norm (bzw. ist sie die Norm), die für unseren Kommunikationsapparat unabdingbar ist. Will heißen: Grammatik ist wichtig. (Punkt.) Allerdings sollten sich jene, die die Grammatik anderer kritisieren, überlegen, ob tatsächlich die Grammatik betroffen ist.
Schlusswort
Sollte nach wie vor die Frage bestehen, wie man diesen Trollen etwas entgegnen kann, darf man sie gern mit dem Inhalt dieses Beitrags konfrontieren. Teilt den Link zur Studie oder klärt auf, wie sinnbefreit das Verhalten ist. – Und sei es nur, um dem diskreditierten Autor ein wenig Beistand zu leisten.